Wechselbad der Gefühle

Bukarest

 

 

Alt steht neben neu, morbide neben modern. Bescheiden steht neben pompös, schmuck neben sozialistisch. Religiös steht neben weltlich, urban neben dörflich. Das ist Bukarest. Immer wieder gibt es diese Überraschungen, wenn man um eine Ecke biegt oder in eine Seitenstraße schaut. Manchmal sind sie erfrischend, manchmal ziemlich schräg. Das macht den Besuch interessant und spannend. Ich mag die Stadt.

 

 

 

 

Freitagabend in der Altstadt! Ein Haufen Zweibeiner drängen sich hier und sie sind etwa so gegensätzlich wie die Gebäude der Stadt. Praktisch gekleidete Touristen (im Gegensatz zu mir immerhin ohne Fotoapparat) neben sehr mühevoll herausgeputzten Einheimischen. Das Talent zum Aufschnecken fällt allerdings sehr unterschiedlich aus. Ich sehe Hängerchen und Hawaiihemden, Männerhemden mit Mustern aus kleinen Gegenständen oder auch einfache T-shirts. Dabei fällt mir auf: Frauen haben ungleich viel mehr Möglichkeiten, sich schick zu machen. Kleid, Bluse, Pailletten, hochhackige Schuhe, vielfältiger Schmuck, Halstuch, aufgesteckte Langhaarfrisur – auch schon mit wenigen kleinen Acce… Aschen…, also Beigaben kann man einen einfachen Anputz ordentlich aufpeppen. Männer haben es viel schwerer finde ich. Anzug, Krawatte und so sind zu vornehm und steif, Gel in den Haaren sieht schmierig aus. Und viel was anderes Schickes gibt es nicht.

 

 

 

 

Zurück zur Altstadt Bukarests: Mitten zwischen den fünf Gassen ist ein Häuserblock frei geworden oder geblieben und heuer finde ich dort einen Strand vor! Eine Freifläche mit aufgeschüttetem Sand, längerfristig installierten Streetfood-Wagen wird umringt mit fensterlosen sandfarbenen hohen Hauswänden. Flatternde Dreiecksfähnchen und Liegestühle entspannen die Stimmung, zusammengesuchtes Mobiliar, auch aus Paletten und Blechtonnen, machen das Ganze urban. Food-Hood-Strand nennt sich die Veranstaltung und ist aber wohl nur eine temporäre Sache, wenn ich das richtig aufgeschnappt habe. Egal, wenn du in Bukarest bist, halte Ausschau danach, denn ich finde diesen Food-Hood-Strand einfach toll!

 

 

 

 

Heuer bleibt mir nichts anderes übrig als mich ins absolute Touristenleben zu stürzen. Ich schnappe mir einen Urlauberstadtplan und fahre mit dem den ganzen Tag zirkulierenden offenen Doppeldeckerbus. „Hop on – Hop off“ sagt ihr dazu. Aber so ist das nun mal, wenn man das Reisehandbuch zu Hause vergisst und sich über die wirklich vorhandene Sehenswürdigkeit der Sehenswürdigkeiten informieren muss. Prompt wird mir wieder etwas Gewöhnliches bewusst: Mit einem Doppeldeckerbus habt ihr bodenständigen Zweibeiner mal wieder eine Möglichkeit, die Vogelperspektive einzunehmen. Für mich sah alles ziemlich normal aus, flattere ich doch oft in ein paar Metern Höhe durch die Straßen. Aber meine menschlichen Sitznachbarn waren über die neue Ansicht der Fassaden und auf die Balkone geradezu verzückt.

 

 

 

 

Wenn ihr ein richtiges Stück Leben der Bukarester kennenlernen wollt, dann müsst ihr in den Herastrau-Park gehen und zwar am Sonntag, wie der waschechte Hauptstadtbewohner. Allein wirst du dort nicht sein in dem riesigen innerstädtischen Park und deine Ruhe wirst du dort auch nicht finden. Aber du wirst Einheimische sehen in all ihren Facetten und all ihr buntes Treiben im Park beobachten. Sie flanieren, fahren mit dem Dampfer über den See, futtern, sitzen auf Bänken, spielen Minigolf, lagern auf Wiesen oder bei Spielplätzen, fahren Roller, Fahrrad, Skates, Bobbycar… Nimm dir ein Buch und den Fotoapparat mit und gib dich dem Treiben hin.

 

 

 

 

Wenn du schon mal im Herastrau-Park bist, dann solltest du das wirklich hübsche, liebevoll gestaltete Dorfmuseum nicht verpassen. Seit 1936 haben die Betreiber dörfliche Häuser in ganz Rumänien abgebaut und sie dort wieder hingestellt. Leider sind die wenigsten offen, aber dafür gibt es auf den Infotafeln Fotos von den Innenräumen. Nachdem ich einige auf dem Rand hockend betrachtet habe, stellt sich heraus, dass sie im Großen und Ganzen alle ähnlich ausgestattet sind wie jenes verlassene Haus, das ich mit Gigi im Karpatendorf geentert habe. Passenderweise wurden die Mühlen und Fischerhäuser am Seeufer platziert und genau diese Kleinigkeiten sind es, die das Museum so sympathisch macht.

 

 


Infos:

 

In Bukarest war ich im August 2016.