In Myanmar liegt auffällig wenig Müll herum. Egal, wo ihr seid, ihr lauft im wahrsten Sinne des Wortes keine Gefahr, mit dem Fuß bis zum Knöchel in einem morastigen, halb vergammelten Müllhaufen zu landen. Ihr könnt also bedenkenlos euer sparsamstes Sommerschuhwerk tragen. Es liegt schon durchaus Müll auf dem Boden, aber konzentriert auf einem größeren Haufen z.B. am Dorfrand. Und diese Mengen bestehen fast immer aus Plastikflaschen. Ich habe auch schon Plastikflaschensammler gesehen mit prall gefüllten Säcken auf einem Handwagen. Sortierte Metall- und Reifenhaufen habe ich außerdem vor einzelnen Häusern entdeckt. Scheinbar wohnten dort Müllsortierer. Auch die Grundstücke um die Häuser oder Hütten herum sind auf´s Gründlichste gefegt.
Apropos Grundstücke: Die gesamte Bodenfläche des Landes ist ebenso Staatseigentum wie die Straßen. Das sind die Überreste der sozialistischen Militärdiktatur. Einwohner oder auch Firmen haben das von ihnen genutzte Land gepachtet. Vereinzelt ist es in den letzten Jahren wohl auch möglich geworden, den Boden zu kaufen.
Die Pächter bauen einfache Häuser oder Hütten auf ihr Grundstück. Das hängt natürlich vom Reichtum, aber auch vom Wohnort ab. Am Ayeyarwady, den tiefer gelegenen Regionen Zentralbirmas, habe ich meistens Hütten aus fein säuberlich geflochtenen Bambusmatten gesehen. Auch dichte Palmwedel werden immer wieder verwendet. Des Öfteren gibt es auch einfache Holzhäuser. Weil es ordentlich warm ist, ist eine luftige Bauweise wichtig. Mit den Bambusmattenwänden wird dem erstklassig Rechnung getragen. Die Fensterläden und Türen sind in der Regel weit geöffnet, Glasscheiben gibt es nicht. Fast alle sind auf Stelzen gebaut, wahrscheinlich zur Kühlung und/ oder als Hochwasserschutz. Vielleicht auch als Schutz vor gefährlichen Tieren, die am Boden herumkriechen.
Die am wenigsten gepflegten Hütten, die ich gesehen habe, stehen an den Stadthäfen des Ayeyarwady in Bagan und Mandalay. Das liegt daran, dass sie immer möglichst nah am Ufer des Stromes stehen sollen. Im Wechsel von Regen- und Trockenzeit hat der Fluss aber sehr unterschiedlich hohe Wasserstände. Deshalb werden die Hütten zum Jahreszeitenwechsel umgesetzt. In den kühleren Shan-Bergen kann es vereinzelt auch mal schneien. Deshalb wohnen die Leute hier in Steinhäusern.
Städter wohnen meist in einem kleinen gemieteten Zweizimmer-Appartement. Dort gibt es fast nie eine eigene Küche. In besonderen Fällen wird das Essen mal mit einem Kocher auf dem Balkon zubereitet. Man geht halt essen, was die unglaublich vielen festen Garküchen und einfachen Restaurants erklärt. Die gibt´s den ganzen Tag über. Aber abends… In Mawlamyine hockte ich auf dem Geländer der Promenade und bewunderte den prächtigen Sonnenuntergang. In dem Moment, in dem es dunkel war, materialisierten sich urplötzlich auf der zuvor leergefegten Promenade hinter mir Essensstände und 215 Tische mit Stühlen. Wie nachtaktive Tiere hocken sie den ganzen Tag über in einem muffigen, dunklen und engen Lagerraum und warten darauf, dass sie zur Nacht herausgeholt werden, damit das Leben wieder neue Geschichten mit ihnen schreibt. Und die Esser waren genauso schnell und zahlreich da.
Grundsätzlich hatte ich weder in der Stadt noch auf dem Land den Eindruck, dass die Masse der Leute verarmt ist. Klar, auf so großem Plattfuß wie ich leben sie nicht. Aber laut BIP-Statistik ist Myanmar eines der ärmsten Länder der Welt, aber so wirkten die Verhältnisse nicht auf mich. Ich hatte eher den Eindruck, dass speziell die Landbevölkerung Subsistenzwirtschaft betreibt, sich also selbst versorgt. Reich werden sie damit nicht, aber sie schienen ihr Auskommen zu haben damit. Die Überschüsse verkaufen sie auf dem Markt oder an einem Stand am Straßenrand.
Nicht alle Grundstücke sind an die lokale Wasserversorgung angeschlossen. Deren Bewohner müssen zum Brunnen im Dorf gehen. Oder sie nehmen die Dienste eines ganz besonderen Berufes in Anspruch: Manche Myanmaren arbeiten als Wasserbringer. Sie ziehen samt einem großen, mit Tanks bestückten Handwagen durch den Ort und die Einwohner kriegen gegen Bezahlung Wasser abgezapft.
Da ist ganz schön viel Muskelkraft gefragt, um dieses Ding zu bewegen. Apropos Muskelkraft: Die ist in Myanmar überhaupt sehr gefragt. Jegliche landwirtschaftliche Tätigkeit wird von Rindern (Ochsen, Zebus, manchmal auch Wasserbüffeln) oder Menschen erledigt. Wenn ich in meinem ganzen Aus-Flug sieben Traktoren gesehen habe, dann ist das viel.
Nach meinen eben beschriebenen Beobachtungen, habe ich den Eindruck, dass die Myanmaren insgesamt recht einfach leben und damit durchaus zufrieden sind. Und das ist doch das Wichtigste, finde ich: Dass man zufrieden ist. Egal unter welchen Umständen man lebt. Das ist ein sehr beneidenswerter Zustand. Den kann übrigens jeder anstreben. Auch du.
Infos:
In Myanmar war ich zum Jahreswechsel 2014/15.