Entspannt hocke ich im Geranienkasten kurz über dem Wasserspiegel der Donau. Lautlos werden ich und die roten Blumen quer über das Gewässer hin zum anderen Ufer getrieben. Wer oder was treibt uns? Es ist altes Relikt aus geruhsamen motorfreien Tagen, das es selbst im entlegensten Dschungel von Brasilien bestimmt nicht gibt: Eine Rollfähre.
Gebaut ist sie wie ein Katamaran auf zwei Kufen (Kufen – sagt ihr das so?). Zwischen diesen Kufen kann die Donau hindurch fließen und mit Hilfe eines Ruders dreht die Fährfrau ihr Schiff schräg in die Strömung. Je nach Ausrichtung treibt die Fähre dann vom linken zum rechten Ufer oder umgekehrt. Das ist eine sehr geruhsame Sache – noch geruhsamer als es das Fährefahren eh schon ist. Wenn ihr also die Rollfähre nutzt, bringt Zeit und Muße mit. Setzt euch hin und genießt es, auf die Fähre warten zu müssen. Schaut dem Gefährt bei seiner ernsthaften Arbeit zu. Guckt euch, über das Geländer gebeugt, die kleinen Wellen der Donau an und schenkt dem Farbenspiel des Wassers Beachtung. Gebt euch dem Lautlosen und dem Langsamen hin. So könnt ihr den Zeiten nachspüren, in denen es noch langsam und leise zuging.
Übrigens: Die Donau ist voll von Fährenkuriositäten. Wisst ihr zum Beispiel, was eine Längsfähre ist? Nein? Aber gedacht habt ihr es euch bestimmt: Die tuckert nicht zwischen beiden Ufern quer über das Gewässer hin und her, sondern legt am gleichen Ufer an und ab, nur eben ein Stück weiter oben oder unten am Flusslauf. Hier an der Donau sind das kleine motorisierte Schiffchen, die nur Fahrräder, Menschen und Reiseraben transportieren. Das Ganze ist also sehr klein und kann durchaus kuschelig werden. Da kommt man sich näher.
Je weiter ich nach Osten komme, desto näher rückt das benachbarte Café an den Fährableger heran. Dort sammeln sich die zukünftigen Gäste der Fähre. Und wenn das Café voll ist, dann beginnt plötzlich ein allgemein um sich greifendes Genestel an den Taschen und den Geldbörsen. Aufbruchstimmung. Wie auf ein geheimes Zeichen hin. Was passiert? Alle gehen zur Fähre. Die legt nämlich gleich ab und das tut sich nur einmal in der Stunde. Nicht wie bei uns, wo sie unentwegt hin und her pendelt und man selbst am Rhein bei Bingen nach 20 Minuten abgeholt wird. Einmal in der Stunde. Da wird das Unterwegssein auch im Alltag wieder zu einer entschleunigten Sache. Der Weg ist halt doch das Ziel.
Infos:
Rollfähren gibt es in Ottensheim und in Spitz.
Längsfähren gibt es an der Schlögener Schlinge und in Untermühl.
An der Donau war ich im August 2015.